AUS DER RÖNTGENABTEILUNG DES ZENTRALKRANKENHAUSES IN VÄSTERÅS
(CHEF: MED. DR. AXEL RENANDER)

 

BEHANDLUNG VON RÖNTGENLEUKOPENIEN MIT
C-VITAMIN 1

von

Arne Clausen

1 Bei der Red. am 4. VIII. 1941 eingegangen.


An der hiesigen Röntgenabteilung gehen seit mehreren Jahren Versuche mit Röntgenbehandlung inoperabler Tumoren in Fornix- und Corpus ventriculi nach einer von Dr. RENANDER ausgearbeiteten Technik vor sich. Bei diesen in der Regel ziemlich heruntergekommenen Patienten erwies es sich jedoch mitunter als schwierig, die geplante Behandlung durchzuführen, wenigstens ohne Unterbrechung, da im Laufe der Behandlung, trotz befriedigender Ausgangswerte in bezug auf die Anzahl der weissen Blutkörperchen, und trotzdem der Hämoglobingehalt und die Anzahl der roten Blutkörperchen während der Behandlung durch Aufhören der okkulten Blutung Tendenz zu Steigerung gezeigt hatten, eine ziemlich ausgesprochene Leukopenie auftrat.

Bei diesen Patienten mit ihren gastro-intestinalen Störungen und ihrer Achylie hat man Ursache, eine C-Hypovitaminose zu erwarten, da das C-Vitamin bei diesen Zuständen wahrscheinlich in grossem Ausmasse zerstört wird, bevor es resorbiert werden konnte.

Ich kam nun auf den Gedanken, durch parenterale Zufuhr von C-Vitamin die allgemeine Widerstandskraft dieser Patienten zu steigern zu versuchen. Eine einzelne Beobachtung an einem Leukämiepatienten, der aus eigenem Antrieb C-Vitamin zusammen mit dem verordneten Aneurin genommen und prompt mit einer bedeutenden, wenngleich vorübergehenden Steigerung der Anzahl weisser Blutkörperchen reagiert hatte, war eine weitere Anregung.

Bisher haben nur 10 Patienten diese unterstützende C-Vitamin-Behandlung erhalten, die Resultate waren aber derart ermunternd, dass eine kurze vorläufige Mitteilung Berechtigung haben dürfte.

Aus Sparsamkeitsrücksichten haben wir kein einziges Mal C-Vitaminzufuhr zu Beginn der Röntgenbestrahlung eingesetzt, sondern erst dann, wenn eine derart ausgesprochene Leukopenie aufgetreten war, dass die Notwendigkeit einer Unterbrechung der Behandlung vorausgesetzt werden musste. Die Patienten erhielten dann in der Regel 5 ml C-Vimin forte intravenös (= 0.5 g oder 10 000 I. E. Ascorbinsäure), anfänglich täglich, später jeden zweiten Tag. In leichten Fällen bekamen sie von Anfang an nur jeden zweiten oder dritten Tag C-Vimin. Um sicher zu sein, dass das zugeführte wirklich resorbiert worden ist, wurde der intravenöse Verabreichungsweg gewählt. Die Röntgenbestrahlung wurde planmässig fortgesetzt.

Unter diesen Umständen ist kaum zu erwarten, dass eine wirkliche Steigerung der Anzahl der weissen Blutkörperchen stattfindet. Dies ist jedoch in ein paar Fällen geschehen. In anderen Fällen ist dem raschen Sinken der Leukozytenzahl Einhalt getan, und diese entweder auf demselben Niveau mit mässigen Variationen gehalten worden, oder die Senkung war auch nur unbedeutend; die geplante Bestrahlung konnte in sämtlichen Fällen durchgeführt werden.

Es verhält sich ja so, dass man niemals im vorhinein entscheiden kann, welche Patienten eine Bestrahlungsleukopenie solchen Grades bekommen, dass die fortgesetzte Behandlung gefährdet wird. Daher wird wohl der Einwand erhoben werden, dass unsere Patienten vielleicht genau so gut ohne C-Vitamin-Behandlung durchgekommen wären, was ich nicht glaube. In sämtlichen Fällen handelte es sich um Patienten, wo wir gemäss der von uns erworbenen Erfahrung ohne die C-Vitamin-Behandlung gezwungen gewesen wären, eine längere oder kürzere Pause in der Bestrahlungsserie eintreten zu lassen, wo wir diese aber jetzt kontinuierlich durchführen konnten.

Worauf die Wirkung beruht, weiss ich nicht; es sind auch keine Versuche gemacht worden, das C-Vitamin-Gleichgewicht dieser Patienten zu bestimmen. Sollten sich unsere Erfahrungen bestätigen, so wollen wir hoffen, das ein in Vitaminforschung erfahrener Kollege die theoretischen Bedingungen untersuchen wird.

Kürzlich haben CRAMER u. BRODERSEN (Münch. Med. Wochenschr., Bd. 88: 619, Jahrg. 1941) Leukopenie im Zusammenhang mit Röntgenbestrahlung mit Follikelhormon in Dosen von 50 000 E. Progynon mit einer ihrer Angabe gemäss guten Wirkung behandelt. Wir haben dieses Präparat in zwei Fällen geprüft, es aber als wirkungslos befunden.

Zum Schluss seien einige Fälle graphisch wiedergegeben (Abb. #4).


ZUSAMMENFASSUNG

Es ist Verf. bei zehn Patienten gelungen, einer bei langwieriger Röntgenbehandlung von Ventrikelkarzinom auftretenden, ausgesprochenen Röntgenleukopenie durch intravenöse grosse C-Vitamin-Dosen Einhalt zu tun.

SUMMARY

The writer succeeded in ten cases in checking a pronounced x-ray leukopenia, which had appeared in connection with protracted x-ray treatment of cancer of the stomach, by means of large intravenous doses of vitamin C.

RÉSUMÉ

Chez dix malades 1’auteur a réussi à arrêter par de grosses doses intra-veineuses de Vitamine C une leucopénie accentuée, due aux rayons roentgen, qui s’était manifestée au cours du traitement radiothérapique prolongé de cancers de l’estomac.


Bemerkungen zu den Abbildungen.

Gezackte Linie = Röntgendosis; nach rechts abzulesen.
Gans ausgezogene Linie = Leukozytenzahl; nach links abzulesen.
Punktierte Linie =Hämoglobinzahl; nach rechts abzulesen.
Schwarze Rechtecke =C-Vimin-Injektionen.
Datum nach der Abszisse.

ar-abb1.gif (7579 bytes) ad Abb. 1. 67jähriger Mann in ziemlich gutem Allgemeinzustande. Die Röntgenuntersuchung zeigte einen hühnereigrossen, grobbuckligen Tumor rund um die Kardia und unterhalb von dieser. Mässige Schlingbeschwerden. Behandlung mit 200 r täglich (Thoraeusfilter; 50 cm FHD). Nach einer Gesamt-dosis von 6 400 r war die Leu-kozytenzahl von 7 900 zu Beginn der Behandlung auf 3 100 gesunken. Pat. bekam nun 2 ml C-Vimin forte tägl. Zu Ende der Behandlung betrug die Leukozytenzahl 3 800 nach einer Gesamtdosis von 11 800 r.

Abbild 1


ar-abb2.gif (8653 bytes) ad Abb. 2. 65jährige Frau, bei der früher Magenresektion ad modum Billroth II ausgeführt worden war. Im distalen Teil des noch vorhandenen Magens jetzt eine ausgebreitete Wandinfiltration. Pat. bekam Behandlung mit 300 r täglich (Thoraeusfilter; 50 cm FHD). Nach einer Gesamtdosis von 6 400 r ist die Leukozytenzahl von 9 400 auf 3 200 gesunken. Pat. erhielt jetzt jeden zweiten Tag 5 ml CVitamin forte. Bei abgeschlossener Behandlung mit einer Gesamtdosis von 13 800 r betrug die Leukozytenzahl 5 800.

Abbild 2


ar-abb3.gif (7482 bytes) ad Abb. 3. 49jährige Frau mit ½jähriger Magenanamnese und einem grossen Korpuskarzinom. Behandlung mit 300 r täglich (Thoraeusfilter; 50 cm FHD). Nach 100% Hb einer gesamten Dosis von 6 800 r ist die Leukozytenanzahl von 9 000 % auf 3 100 gesunken. Pat. erhält danach 5 ml C-Vitamin forte, hauptsächlich täglich. Der Leukozytenfall wurde aufgehalten und blieb bis zum Abschluss der Behandlung mit 11 000 r bei ungefähr 3 000 stehen.

Abbild 3


ar-abb4.gif (9834 bytes) ad Abb. 4. 50jährige Frau mit grossem Fornixkarzinom im Magen und mässigen Schlingbeschwerden. Pat. bekam Behandlung mit 200 r täglich (Thoraeusfilter; 50 cm PHD). Diese Patientin erhielt praktisch genommen von Beginn der Behandlung an grosse Dosen C-Vimin forte, und die Leukozytenzahl ist auch die ganze Zeit hindurch zufriedenstellend; zu Beginn der Behandlung weisse Blutkörperchen per kbmm und zu deren Ende 4 400 nach Administration von insgesamt 13 800 r. Drei Monate danach betrug die Leukozytenanzahl 11 300.

Abbild 4

ar-squig.gif (439 bytes)


From Acta Radiologica, February 28, 1942, Volume 23, Fasc. 1, Number 131, pp. 95-98

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